MakeLoveGreatAgain :: Untersuchung im Auftrag des Amtes, 50, Amt für Soziales – Zugehörigkeit zum Personenkreis ARTIKEL 53 SGB XII
SEHR GEEHRTE FAMILIE, WIR SIND BEAUFTRAGT WORDEN, IHR KIND ZU UNTERSUCHEN. BITTE KOMMEN SIE MIT LUCIE ZU UNS INS GESUNDHEITSAMT. FREITAG, DER 14.03. UM 8:30 UHR.
So beginnt der Brief, der mich zunächst irritiert, dann etwas fassungslos und schließlich einfach nur noch wütend macht. Meine Tochter ist auf den Rollstuhl angewiesen. Sie muss mehrfach im Jahr zu vielen Untersuchungen in verschiedenen Instituten. Alle sind medizinisch notwendig, und wir nehmen diese selbstverständlich immer pflichtbewusst wahr. Zu all diesen Untersuchungen gibt es Arztbriefe. Menschen setzen sich extra hin, schreiben diese und verschicken sie. Man kann genau nachlesen, was passiert ist, wer dabei war, was gemacht und besprochen wurde und wie der weitere Fahrplan aussieht. Darüber hinaus haben wir einen Kinderarzt, bei dem wir regelmäßig sind. Auch er hat Zugang zu all diesen Briefen und ist bestens informiert.
Lucie geht nicht gerne zu diesen Terminen – wer tut das schon? Aber jetzt ist sie in einem Alter, in dem es gerade noch etwas schwieriger für sie ist als noch letztes Jahr oder gar im Kleinkindalter. Sie hasst es, nicht in die Schule gehen zu können, weil sie zu solchen „doofen“ Terminen muss oder gar einen Kindergeburtstag deswegen verpasst. Ich kann das nachvollziehen. Wenn man sich mit anderen darüber austauscht, kann dies eigentlich jeder nachvollziehen.
Ich greife zum Telefonhörer und rufe die Nummer auf dem Briefkopf an. Eine freundliche Dame nimmt ab. Ich berichte ihr kurz die Situation und sage, dass es mein dringendes Bedürfnis ist, auf meine Tochter aufzupassen und sie vor unnötigen Dingen zu schützen, weil sie sowieso schon so viel „muss“. Es gibt doch all diese Briefe – warum also eine Untersuchung beauftragen? Wer hat diese Untersuchung denn eigentlich angeordnet, und aus welchem Grund?
Die Dame zeigt Verständnis, sie kann das total nachempfinden und würde genauso handeln wie ich.
Vermutlich wurde die Untersuchung beauftragt, weil wir einen Antrag auf Eingliederungshilfe gestellt haben – aha, das ist ja schon mal etwas. (Für diesen Antrag muss man viele, viele Unterlagen zusammenstellen und einreichen – unter anderem auch die besagten, bereits vorliegenden vielen Arztbriefe – nur um das an dieser Stelle nochmal deutlich zu machen.)
Aber aufgrund von Akten diesbezüglich irgendetwas zu entscheiden, so ihre Worte, wird nicht möglich sein – das kann sie mir jetzt schon mal sagen. Ich bitte darum, einmal mit einem der untersuchenden Ärzte sprechen zu dürfen. Das geht leider nicht, sagt man mir. Ich bitte darum, uns dann wenigstens einen Termin am Nachmittag zu geben, damit Lucie nicht schon wieder die Schule verpassen muss. Einen Tag vorher hat sie einen Kliniktermin, und in zwei Wochen folgt schon der nächste. Wie gesagt, diese Termine müssen sein, wir nehmen sie wahr, und ich bemühe mich, meiner Tochter dies auch nachvollziehbar zu machen.
Sie sagt, sie würde sich mit einem neuen Termin – telefonisch, um dies mit all unseren Terminen besser abstimmen zu können (haha!) – bei uns melden. „Kein Thema, das kriegen wir sicherlich irgendwie hin.“
Doch – Überraschung – es tickert weiter in mir. Nein, nein, nein. Ich werde das nicht einfach so hinnehmen. Wenn sich die Dame wegen des Termins meldet, werde ich erneut darum bitten, dass mich ein Arzt/eine Ärztin doch erst einmal anruft. Vielleicht lässt sich da schon mehr klären, als man denkt.
Und wie ich einen Tag später von Lucies Klassenlehrer erfahre, war man ja auch schon in der Schule. Zwei Personen waren da – ohne unser Wissen, ohne das Wissen meiner Tochter. Der Klassenlehrer wurde erst einen Tag vorher darüber informiert. Sie haben sich alles einmal angeschaut und u.a. auch die Integrationshelferin zu sehr persönlichen – intimen Dingen befragt. Ich finde das übergriffig, und es fühlt sich – gelinde gesagt – wirklich gar nicht gut an. Ich verstehe, dass es wichtig ist, Dinge zu überprüfen und in dieser Hinsicht einiges notwendig ist. Aber muss das so sein? Ist das wirklich menschenfreundlich und auf Augenhöhe?
Gestern ist wieder ein Brief im Briefkasten gewesen. Selber Text, anderer Tag, andere Uhrzeit. Ich schlafe eine Nacht darüber und versuche, mich nicht wieder so zu ärgern. Am nächsten Tag rufe ich an und bitte erneut darum, mit einem der untersuchenden Ärzte sprechen zu können. Es ist nicht die gleiche Dame am Telefon, mit der ich schon einmal sprach, also beginne ich meine Erklärung von vorne. Auch sie sagt, es sei nicht möglich. Wenn ich wolle, könne ich ja eine E-Mail schreiben – diese würde sie dann weiterleiten.
Das habe ich getan. Mit der Bitte um eine transparente und respektvolle Kommunikation darüber, warum zusätzliche Termine erforderlich sind und wie diese ablaufen sollen. Und der Prüfung, ob wirklich eine Notwendigkeit besteht. So. Wirklich wirklich?!
Gerne stehe ich für ein persönliches Gespräch zur Verfügung, um diese Situation zu klären und sicherzustellen, dass Lucie in einer respektvollen und für sie verständlichen Weise behandelt wird.
Ich freue mich auf Ihre Rückmeldung und danke Ihnen im Voraus für Ihre Zeit.
Was bleibt, ist die Frage: Wie können wir als Gesellschaft eine bessere Kommunikation im Gesundheitswesen schaffen? Wie können wir sicherstellen, dass Familien wie unsere nicht noch mehr belastet werden, sondern als gleichwertige Partner im Dialog mit den Institutionen gesehen werden?
Warum können nicht alle Beteiligten zusammenarbeiten, um Lösungen zu finden, die nicht nur medizinisch notwendig sind, sondern auch die emotionalen und sozialen Bedürfnisse von Familien berücksichtigen?
Wir brauchen eine Veränderung. Wir brauchen ein System, das auf Augenhöhe kommuniziert, das transparent und respektvoll ist und das den Menschen – nicht nur die Akten – in den Mittelpunkt stellt.
Lasst uns dafür sorgen, dass Familien nicht als bürokratische Hürden wahrgenommen werden, sondern als Partner im Prozess, die Respekt verdienen. Denn nur so wird das wirklich etwas – nur so wird es gut für alle.
MakeLoveGreatAgain – und das fängt bei einer respektvollen Kommunikation an.
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sf | April 4, 2025